„Wir sind Heimat“

Nachdem das Druck- und Pressehaus Naumann in Gelnhausen, das auch die GNZ herausgibt, Insolvenzanträge in Eigenverwaltung für Gesellschaften ihrer Gruppe gestellt hat, äußern sich nun die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Oliver Naumann und Jochen Grossmann im Interview über die aktuelle Situation, Hintergründe und Perspektiven.

Interview mit Oliver Naumann und Jochen Grossmann vom Druck- und Pressehaus Naumann: Stärken stärken / Zukunft robust absichern / Krisen sind auch Chancen

Gelnhausen. Das Druck- und Pressehaus Naumann in Gelnhausen, das auch die GNZ herausgibt, hat Insolvenzanträge in Eigenverwaltung für Gesellschaften ihrer Gruppe gestellt. Die unternehmerische Regie mit der alleinigen Entscheidungsgewalt bleibt dabei vollständig im Unternehmen (GNZ von gestern). Im Interview sprechen die geschäftsführenden Gesellschafter Oliver Naumann und Jochen Grossmann über die aktuelle Situation, Hintergründe und Perspektiven.

GNZ: Herr Naumann, Sie führen mit Jochen Grossmann das Medienhaus als Inhaber. Ihre Entscheidung, in die Insolvenz in Eigenverwaltung zu gehen, kam wie ein Knall aus dem Nichts.

Oliver Naumann: Die Entscheidung einer Insolvenz in Eigenverwaltung ist uns schwergefallen. Sie ist letztlich, den Rahmenbedingungen geschuldet, die einzige verbliebene Option gewesen. Aber: Mit der Insolvenz in Eigenverwaltung haben wir es weiterhin vollständig in der Hand, unsere Perspektive als regionales Medienhaus in eigener Regie zukunftsfest zu gestalten.

Klar ist jedenfalls, dass auch ich persönlich als Familienunternehmer ziemlich angefasst bin, weil ich in diesem Unternehmen groß geworden, bereits seit 1978 Mitgesellschafter und seit 1994 geschäftsführender Gesellschafter bin. Ich habe zwei Standortwechsel miterlebt. Ich lebe dieses Unternehmen. Jochen Grossmann ist ebenfalls schon seit über 30 Jahren in unserem Unternehmen, hat hier Karriere bis zum geschäftsführenden Gesellschafter gemacht und in das Unternehmen kräftig investiert. Wir sind über geschäftliche Belange hinaus emotional damit verbunden. Das ist ein wertvoller Spirit.

Aber der Spirit scheint zu lahmen.

Naumann: Im Gegenteil. Wir brennen für das Unternehmen und haben viele Ideen, welche wir weiterhin als Unternehmer umsetzen wollen. Diese Krisensituation sehen wir als Chance, Zukunft zu gestalten.

Jochen Grossmann: Bedenken Sie bitte: Das Druck- und Pressehaus Naumann ist nicht irgendein Unternehmen, das mal auf der grünen Wiese errichtet wurde. Unser Medienhaus ist Heimat. Heimat für die Leserinnen und Leser. Heimat für unsere 500 Mitarbeiter, 17 Auszubildenden und über 1.000 Zusteller. Für diese Menschen tragen wir Verantwortung. Dies wollen wir auch zukünftig tun. Entsprechend können wir nicht einfach Kapazitäten ins kostengünstigere Ausland verschieben.

Naumann: Unsere Zeitung ist ein Kulturgut, dem wir uns verschrieben haben. Und wir sind stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen wir den notwendigen Wandel gestalten wollen. Die Generationen geben sich bei uns die Hand. Wir kennen einander, und wir schätzen einander.

Was bedeutet der aktuelle Zustand für die Mitarbeiter?

Grossmann: Die Löhne und Gehälter sind gesichert. Unsere Planungsrechnung zeigt aktuell, dass wir über die nächsten Monate durchfinanziert sind. Wir wollen in dem Zustand aber nicht verharren. Wir suchen aktuell neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem für den digitalen Geschäftsbereich sowie die Vermarktung, Produktion, Controlling und IT. Außerdem können sich junge Menschen für die Berufe Medienkauffrau/-mann, Mediengestalter/-in, Medientechnologe/-in Druck und Medientechnologe/-in Druckverarbeitung sowie Bürokauffrau/-mann noch für das im August 2025 beginnende Ausbildungsjahr bewerben. Zudem bieten wir im Verlag Volontariate für angehende Redakteurinnen und Redakteure an.

Wie kam es denn jetzt zum Paukenschlag?

Naumann: Als Familienunternehmer haben wir versucht, Veränderungen behutsam umzusetzen und bereits vor Monaten mit der Restrukturierung des Unternehmens begonnen. Der Fokus eines modernen Medienhauses muss digitaler ausgerichtet sein, als wir es bisher waren. Die Kosten für die Restrukturierung und den Aufbau neuer Geschäftsfelder sind erheblich höher als die bereits gegenwärtig erzielten Potenziale daraus. Die Umsetzung wird durch das Insolvenzrecht erleichtert.

Welche Maßnahmen sind dazu erforderlich?

Grossmann: Stärkung unserer 
IT-Infrastruktur, Vereinfachung von Prozessen und Abbau von Bürokratie.

Naumann: Mit dem digitalen Ausbau erzielen wir eine größere Reichweite für unsere journalistischen Angebote und ein attraktiveres Spektrum für unsere Werbekunden. Diese Verdichtung aus Qualitätsjournalismus – Print und Online – mit zusätzlichen Verkaufserlösen aus digitalen Dienstleistungen wird den Verlag stabilisieren.

Richtig ist wohl: Digital verdrängt Papier.

Naumann: Zunächst einmal geben laut aktuellen Studien nach wie vor weit mehr als die Hälfte der Leser Informationen (zu denen auch die Werbung gehört) auf Papier den Vorzug gegenüber digitalen Kanälen. Am Ende entscheiden unsere Leser über Geschwindigkeit und Ausmaß der digitalen Transformation. Wichtig ist, dass wir ihnen ein fortwährend überzeugendes inhaltliches Angebot machen. Das ist der Fall. Aber wir wollen nicht nur besser sein, sondern auch immer besser werden. Das hört nie auf. Und das ist auch gut so.

Grossmann: Natürlich ist unsere Branche massiv von der digitalen Transformation betroffen, und jetzt rollt auch noch spürbar die künstliche Intelligenz auf uns zu. Einfach ist das nicht. Aber eine Heimatzeitung ist mehr als Papier: Man kann sie gedruckt, als E-Paper und auf unseren Portalen lesen. Je stärker der Druck zur Transformation in digitale Medien zunimmt, umso effizienter und automatisierter muss die analoge Welt funktionieren. Daher haben wir bereits vor geraumer Zeit stark in modernste Druckanlagen investiert, um hinsichtlich der Effektivität und Qualität ganz oben mitzuspielen. Nun investieren wir sehr groß in die digitale Ausrichtung. Dieses Investment müssen wir stemmen.

Sie könnten Ihr Verlagshaus an einen Konzern binden.

Naumann: Aktuell sind wir unabhängig. Das stärkt die Meinungsvielfalt und die heimatnahe Berichterstattung.

Ihre Zukunft sehen Sie als Einzelkämpfer?

Naumann: Wir setzen auf Partnerschaften, die uns strategisch auf der Kosten- und Umsatzseite voranbringen. In diesem Fokus ist die Zusammenarbeit mit möglichen Investoren, aber auch Anbietern sinnvoll.

Bis wann sind Sie über den Berg?

Grossmann: Wir wollen in den nächsten Monaten die notwendigen Veränderungen für nachhaltige Ergebnisse angestoßen haben. Das sage ich nicht nur mit vorsichtigem Optimismus, sondern mit voller Überzeugung.

Und wenn Sie dann doch Ihre Ziele verfehlen sollten?

Grossmann: Jede Krise ist eine Chance, Verkrustetes aufzubrechen, um Entscheidungswege zu verkürzen, versteckte Kosten zu heben und systematisch die Profitabilität zu erhöhen. Das haben wir begriffen, und deshalb sind wir überzeugt, die gesteckten Ziele zu erreichen.

Naumann: Wir verfügen über eine robuste Widerstandskraft. Wir können Krise.

Herr Naumann, was sagt Ihr Vater Ehrhard Naumann, der Unternehmensgründer, zur aktuellen Situation?

Naumann: Mein Vater vertraut uns.

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